Open Gender Journal (2022) | Rubrik: querelles-net: Rezensionen

Klassismus verstehen

Rezension von Inga Haese


Rezensionen zu Francis Seeck: Zugang verwehrt. Keine Chance in der Klassengesellschaft: wie Klassismus soziale Ungleichheit fördert.
Zürich: Atrium Verlag 2022
126 Seiten, ISBN: 9783855351282, 9,00 €


Abstract

Francis Seeck zeigt in dem kleinen Band über Klassismus einmal mehr auf, wie die deutsche Gesellschaft von der Kategorie Klasse strukturiert wird, und liefert neue Einsichten, die Abwertungsmechanismen aufzeigen und das Empowerment Betroffener fördern. Dabei versucht Seeck, Mehrfachdiskriminierung ernst zu nehmen – ein Ansatz, der für die Geschlechterforschung interessant erscheint, aber schwierig ist.

Schlagworte: Armut, Diskriminierung, Klasse, Soziale Ungleichheit

Zitationsvorschlag: Haese, Inga (2022): Klassismus verstehen. Rezension zu Francis Seeck (2022): Zugang verwehrt. Keine Chance in der Klassengesellschaft: wie Klassismus soziale Ungleichheit fördert. In: Open Gender Journal 6. doi: 10.17169/ogj.2022.209.

Copyright: Inga Haese. Dieser Artikel ist lizensiert unter den Bedingungen der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).

DOI: https://doi.org/10.17169/ogj.2022.209

Veröffentlicht am: 24.10.2022 (Originalversion)

Korrigierte Version: 31.10.2022

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Korrektur: Dieser Artikel ist eine korrigierte Fassung der Rezension „Klassismus verstehen“. Die ursprüngliche Fassung enthielt inkorrekte Angaben zu Francis Seeck. Sie wurde am 28.10.2022 depubliziertert und durch die korrigierte Fassung ersetzt.

Mit dem Erfolg der Neuen Rechten in Europa hat sich eine Debatte etabliert, in der die emanzipatorischen Gewinne der Frauenbewegung(en) den Verlusten der „kleinen Leute“ (Wolfgang Streeck) gegenüberstellt werden und Diskriminierung aufgrund von Klassenzugehörigkeit gegen andere Diskriminierungsformen ausgespielt wird. Der an die Adresse einer missverstandenen Geschlechterforschung gerichteten Kritik liegt ein imaginiertes „homogenes Klassensubjekt“ (Dowling/van Dyk/Graefe 2017, 414) zugrunde, das die emanzipatorischen Kämpfe von Frauen, Queers oder People of Color unter dem Label„Identitätspolitik“ (vgl. van Dyk/Graefe 2019, 411) als weniger wichtig marginalisiert, „während das Leben und die darauf bezogenen Kämpfe (weißer, männlicher) Arbeiter als soziale und ökonomische Realität betrachtet werden“ (Dowling/van Dyk/Graefe 2017, 417). Tatsächlich attestierten die politischen Soziologinnen Emma Dowling und Silke van Dyk der Gender- bzw. Intersektionalitätstheorie, dass sie an einer „Klassenvergessenheit“ leide, allerdings nur da, „wo es zu einer systematischen Verwechslung bzw. Gleichsetzung von Klasse als sozialer Strukturkategorie, die auf ökonomischer Ausbeutung basiert, mit Klassismus als Diskriminierungspraxis kommt“ (Dowling/van Dyk/Graefe 2017, 418). Dementsprechend ist Munition für die Fundierung von Intersektionalitätstheorien notwendig. In der Forschung über Klassismus wird sie in Deutschland inzwischen geliefert, wenn auch bisher selten über eine „Selbstverortung im Unten“ (Kemper 2014, 426), anders als etwa in den USA und Frankreich. So ist die 2022 im Atrium Verlag erschienene, nur rund 100 Seiten starke „Streitschrift“ von Francis Seeck über Klassismus aus der Sicht einer Person, die biographisch Klassismus erfahren hat, ein wichtiger Beitrag, um die aktuelle Diskussion in den Blick zu nehmen und daraus Erkenntnisse für die intersektionale Frauen- und Geschlechterforschung zu gewinnen.

Klassismus als Diskriminierungspraxis

Francis Seeck verdeutlicht in „Zugang verwehrt. Keine Chance in der Klassengesellschaft: wie Klassismus soziale Ungleichheit fördert“ die gesellschaftliche Abwertung einkommensarmer Menschen, ohne zu übersehen, wie diese Hand in Hand mit anderen Formen der Diskriminierung einhergeht. Die Frage, der Seeck in elf Kapiteln nachgeht, lautet, ob es eine gesellschaftliche Abwehr gegen arme Menschen gibt und wie diese aussieht. Seeck greift dabei auf eine leicht verständliche Sprache zurück und versucht so selbst, Zugangsbarrieren zum Text abzubauen. Das Buch ist wie folgt gegliedert: In den ersten beiden Kapiteln nähert Seeck sich dem Gegenstand an, indem Seeck die „ignorierte Diskriminierunfsform“ Klassismus und das Geborenwerden in eine Klasse beschreibt. Weiter geht es mit den Wohn- und Bildungsverhältnissen als Ausdruck klassistischer Zuschreibungspraktiken. Es folgen eine Beschreibung klassistischer Wirkmechanismen im Feld des Kulturbetriebes und im Gesundheitssystem, der Wirkung von Erwerbslosenfeindlichkeit und von Wohnungslosenfeindlichkeit; Klassismus in der DDR wird thematisiert, der Zusammenhang von Mehrfachdiskriminierung und Klasse sowie im letzten Kapitel der von Kapitalismus und Klasse. Zuletzt ruft Seeck dazu auf, vorherrschende Diskriminierungspraktiken zu hinterfragen und offen über Klassismus zu sprechen.

In der Einleitung macht Seeck deutlich, dass Seeck unter Klassismus die Diskriminierung von sozialhilfebeziehenden und einkommensarmen Menschen versteht. In der deutschen Klassengesellschaft, die Seeck zeichnet, ist soziale Herkunft entscheidend dafür, wie sich ein Mensch zugehörig, gewollt und empowert fühlt. Klassenprivilegien seien das Gegenstück zur klassistischen Diskriminierung – nur wer sagen könne, „Geld ist nicht alles“ (S. 13), genieße sie. Die einleitenden Überlegungen zu den Wurzeln der Klassismusdebatte in der feministischen Bewegung der 1970er und 80er Jahre münden in der Feststellung, dass zwar oft über die Diskriminierungskategorie Klasse gesprochen, aber zu wenig zugehört werde. Seeck schließt mit der Feststellung, dass Klassenmobilität wieder selten geworden sei.

Um keine überhöhten Erwartungen zu schüren, stellt Seeck im Kapitel „In eine Klasse geboren werden“ fest, was die Schrift kann und was nicht – sie sei ausdrücklich keine Einführung in Klassentheorie, schreibt Seeck, sondern eine bewusste Reflexion über diese Diskriminierungsform und darüber, wie sich deren Wirkung verhindern lassen könne (vgl. S. 29). Klassismus sei das System der Ungleichheit und der Diskriminierung aufgrund von Klassenposition und -herkunft. Seeck möchte, dass andere Diskriminierungsformen mitgedacht werden, wenn von Klassismus gesprochen wird: „Zusammen können diese Diskriminierungen spezifische Benachteiligungen ergeben, die nur Menschen erleben, die zum Beispiel sowohl von Klassismus als auch von Rassismus und Sexismus betroffen sind.“ (S. 25). Marx’ Klassenbegriff, der auf die ökonomischen Produktions- bzw. Eigentumsverhältnisse abzielt, werde dabei von Bourdieus Kapitaltheorie sinnvoll ergänzt, weil die durch habituelle Dispositionen entstehende soziale Ungleichheit bzw. die Ausstattung mit unterschiedlichen Kapitalsorten Zugangschancen und -barrieren organisiere (vgl. S. 26ff.).

Seecks Beschreibungen leben von der Dichotomisierung einer Mittel- und Oberklasse und einer Armutsklasse. Sämtliche Kapitel operieren mit dieser dualen Opposition, und als wohlwollende Leser*in kann man dies als Stilmittel werten, jenen einen Spiegel vorzuhalten, die verallgemeinernd über „sozial Benachteiligte“ oder „die Unterschicht“ sprechen – und so aus Sicht der Betroffenen den Spieß umzudrehen und marxistische Blickachsen zu schlagen. Wer dieses Mittel wählt, muss allerdings manche Differenzierung vermeiden. Das fällt Seeck zuweilen auf die Füße, etwa wenn Seeck die klassischen soziologischen Dimensionen sozialer Ungleichheit, nämlich Wohnen und Bildung, durch diese Brille zu beschreiben versucht. Das erscheint an manchen Stellen komisch, etwa in der Beschreibung der Berliner Initiative Quartiersmanagement Grunewald (vgl. S. 38). Die Initiative dreht die gängige Zuschreibungspraxis um und benennt das privilegierte Viertel als Problembezirk: Bewohner*innen im Grunewald, so heißt es, häuften Reichtum an, isolierten sich und verschärften so soziale Ungleichheit. Solidarisches Miteinander könne aber durch Quartiersmanagement wieder hergestellt, die Parallelgesellschaft durch mobile Streetworker aufgerüttelt werden. Pauschal hingegen wird es, wenn Seeck Gentrifizierung in Berlin beschreibt. Klassismus wirke bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum in Städten und bei der Verdrängung von einkommensarmen Menschen an den Stadtrand, denn dies passiere zugunsten bildungsbürgerlicher Mittelschichten und „aufgeregten“ Studierenden, die sich „progressiv“ vorkämen, wenn sie nach Neukölln zögen (vgl. S. 36).

Verstärker von Klassismus: Schuldzuweisungen und Stigmatisierung

Im Kapitel über Bildungsschwellen stellt Seeck eindrücklich jene Wirkung dar, die Klassismus als Zugangsbarriere zu höherer Bildung in Deutschland entfaltet. Seeck macht das dreigliedrige Schulsystem mit seinen selektierenden Empfehlungen für das Gymnasium für mangelnde soziale Mobilität verantwortlich. Das selektive Moment durch Lehrkräfte als Gatekeeper im „Ausgrenzungsapparat Schule“ (S. 43) kann als wohl stärkstes Argument für Seecks Klassismusthese gelten. Interessant ist, dass Seeck soziale Herkunft auch qua Elternschaft unterscheidet, etwa würden „Care Leaver“, die also in Pflegefamilien leben oder in der Jugendhilfe untergebracht sind, noch stärker im Bildungssystem benachteiligt. Den Aspekt der Herkunftsscham, deren Wirkung von Autor*innen wie Annie Ernaux autoethnographisch gut belegt ist, fasst Seeck als besonderen Klassismus, der sich an der Universität als „Klassenkampf von oben“ entfalte. Seeck ruft dazu auf, elitäre Definitionen von Bildung infrage zu stellen, um dann im nächsten Kapitel den Kulturbetrieb unter die Lupe zu nehmen, dem Seeck ebenfalls klassistische Strukturen unterstellt. Menschen aus der „Arbeiter:innen- oder Armutsklasse werden im Kulturbetrieb an den Rand gedrängt“ (S. 49). Wegen schlechter Bezahlung sei eine Arbeit im Kulturbereich nur mit „finanziellem Sicherheitsnetz“ leistbar, was Einkommensärmere und Besitzlose ausschließe, einen bürgerlichen Kulturbegriff begünstige und gleichzeitig die Wirkmechanismen und Ressourcen verschleiere, die den Ausschluss herstellten (vgl. S. 53). Aktuell würden zwar die Themen Klasse und Klassismus zu neuen„Trendthemen“ im Kulturbetrieb, so Seeck, aber eher aus Sicht der Klassenherkunft (als etwas, das überwunden wurde) anstatt der Klassenzugehörigkeit.

Im Abschnitt zu Erwerbslosenfeindlichkeit konstatiert Seeck: „Die Armutsklasse in Deutschland wird als Klischee repräsentiert“ (S. 56). Es herrsche eine mediale Inszenierung des dummen oder faulen Erwerbslosen vor, der als willensschwach, passiv, suchtkrank abgewertet wird. Dieses Bild lenke von der Vielfalt ab, die es unter Erwerbslosen gibt, und führe zu einer Sicht auf einkommensarme Menschen, die ihnen selbst die Schuld an ihrer Lage zuweist. Klassismus arbeite mit dieser individualisierten Schuldzuweisung und blende die regionale und soziale Herkunft als Ursache aus. Verinnerlichter Klassismus gehe soweit, dass Menschen eigene Ansprüche auf Hilfe nicht wahrnähmen aus Angst vor Stigmatisierung (vgl. S. 58f.). Seeck erinnert zudem an die notwendige Unterscheidung zwischen Arbeitslosigkeit und Erwerbslosigkeit, denn oft leisteten Erwerbslose unbezahlte (Sorge-)Arbeit. Den so genannten Hartz-IV-Regelsatz, der mithilfe von Sanktionen funktioniert und nur ein Leben in Mangel und Armut gestattet, beschreibt Seeck als Klassismus verstärkend und selbst klassistisch wirkend (vgl. S. 50). Kurz, aber prägnant ist das Kapitel zur Wohnungslosenfeindlichkeit. Obdachlose Menschen würden „zum Problem erklärt und verachtet.“ (S. 64) In Zeiten von Wohnraumknappheit lenke diese Form der Diskriminierung von den unbezahlbaren Mieten und den Folgen von Gentrifizierung ab. Auch Wohnungslosen würde selbst die Schuld an ihrem Schicksal gegeben.

Schließlich findet Seeck im Zwei-Klassen-Gesundheitssystem eine weitere Form von Klassismus, welches Seeck noch durch die dritte Klasse jener, die gar nicht versichert sind oder keine Zusatzleistungen zahlen können und besonders schwer Zugang zum medizinischen System finden, ergänzt. So schlage sich Klassenzugehörigkeit extrem in der Lebenserwartung nieder: Reiche Menschen lebten zehn Jahre länger als Arme (vgl. S. 69). Des Weiteren zieht Seeck die Umstände des Todes heran, spricht anonyme Armutsbestattungen an und folgert: „Die Bestattungskultur ist ein Spiegel gesellschaftlicher Verhältnisse, in denen das Trauern und Betrauert-Werden … davon abhängen, wie viel Geld, (familiäre) Beziehungen und Vorsorge man hat.“ (S. 73)

Vielfalt und Klassenbewusstsein: (K)ein Gegensatz?

Eine Stärke des Bandes ist das Kapitel zu Klassismus in der DDR. Seeck macht zunächst deutlich, warum die DDR alles andere als eine klassenlose Gesellschaft war, die Privilegien nach ideologischen Kriterien verteilte. Seeck zitiert Steffen Mausʼ Studie „Lütten-Klein“, in der gut belegt wird, wie Aufstiegschancen in der Gesellschaft der DDR beschränkt wurden und wie die „Aufstiegskanäle für Kinder aus der Arbeiter:innenklasse verstopften“, bis diese sogar weniger Chancen auf ein Studium hatten als in der BRD (S. 78). In der DDR als „proletarische Gesellschaft“ qua Staatsräson waren Vermögensunterschiede durch Kollektivierung und Enteignungen eingeebnet worden, so Seeck. Seeck folgert, dass gerade Ostdeutsche „häufiger von Klassismus betroffen“ seien (S. 80), das Thema aber kaum hinsichtlich ost- und westdeutscher Unterschiede diskutiert werde. Im anschließenden Kapitel über Mehrfachdiskriminierung und Klasse beginnt Seeck entsprechend mit Klassismus aus ostdeutscher Perspektive und zeigt auf, dass Klassismus und Ostdiskriminierung miteinander verwoben sind: „Ostdeutsche haben strukturell weniger Zugang zu ökonomischen Ressourcen als Westdeutsche.“ (S. 84)

Wie schwer es gelingt, Unterdrückungsformen im Mehrfachdiskriminierungsmodell nicht zu priorisieren, zeigt sich im Abschnitt über „Klassismus und (Hetero-)Sexismus“. So ist nämlich Geschlecht immer noch eine der wirksamsten Kategorien für Einkommensarmut; (alleinerziehende) Mütter sind am häufigsten von Armut betroffen. Wird die globale Perspektive hinzugenommen, so Seeck, sei eine klassenbewusste feministische Perspektive noch wichtiger. Seeck läuft an dieser Stelle Gefahr, den Gewinn der konsequenten Dekonstruktion eines einheitlichen Klassensubjektes aus dem Auge zu verlieren, dann nämlich, wenn Seeck den Zugewinn von Macht für „weiße Frauen aus der Mittel- und Oberklasse“ gegen Frauen des globalen Südens (S. 89) in Stellung bringt. Aus der Perspektive klassistischer Diskriminierungspraxis ist der theoretische Blick der intersektionalen Frauen- und Geschlechterforschung, die Verschränkung der Mehrfachunterdrückung im Kapitalismus stets ausgewogen zu berücksichtigen, schwer aufrechtzuhalten.

Vorurteile gegenüber Reichen und Intellektuellen?

Es ist die leidenschaftliche Ansprache am Ende des Buches, mit der Francis Seeck die Leser*in im Kampf gegen Klassismus ins Boot holen will, die wirklich überzeugt. Hier wird das Potenzial Seecks als Trainer*in zu neuen Praktiken aufzurufen, deutlich. Schade, dass diese Ansprache – „Mein Ziel ist es, Menschen für Klassismus zu sensibilisieren, damit wir gemeinsam für eine sozial gerechte Gesellschaft kämpfen“, (S. 102) – und der Wunsch nach power sharing erst so spät kommt. Denn der appellative Charakter in seiner unverblümten Form, durch die der Wunsch nach Teilhabe an Privilegien ausgedrückt wird, ist viel leichter nachzuvollziehen als das mitunter mit erhobenem Zeigefinger vorgebrachte Mittelschichts-Bashing. Die damit verbundene Frage, ob „Vorurteile gegenüber Reichen/Intellektuellen“ (Kemper 2014, 426) auch die Herrschaftsverhältnisse stabilisieren, blendet Seeck konsequent aus.

Seeck ist eine Reformulierung der Aktualität klassentheoretischer Positionen und der gesellschaftlichen Durchdringung klassenbezogener Diskriminierung zu verdanken; das kurze Buch gibt einen guten Einblick darauf, wie Klassismus soziale Ungleichheit fördert, und hilft gleichzeitig dabei, die Betroffenensicht nachzuvollziehen. Dabei ist es Seecks Verdienst, die soziale Mobilität in Deutschland über klassenbewusste Zugangsbarrieren zu thematisieren, während sonst nur von objektiven Aufstiegsblockaden gesprochen wird. Gerade für Aktivist*innen im Bereich der Antidiskriminierungsarbeit und in der Arbeit mit Armutsbetroffenen erweist sich die Lektüre von Seecks Buch bei der Sensibilisierung für intersektionale Machtkritik als hilfreich, für Betroffene selbst wirkt sie empowernd. Als Unterscheidungshilfe für das Verständnis von Klasse als Strukturkategorie und Klassismus als Diskriminierungspraxis ist die Lektüre des Buches auch für die Frauen- und Geschlechterforschung zu empfehlen – gerade für Wissenschaftler*innen, die in das Thema Klassismus und Armutsbetroffenheit einsteigen, lohnt sich ein Blick in diese auf der Perspektive eine*r Wissenschaftler*in mit Klassismuserfahrung geschriebene Kurzschrift.

Literatur

Dowling, Emma/van Dyk, Silke/Graefe, Stefanie (2017): Rückkehr des Hauptwiderspruchs? Anmerkungen zur aktuellen Debatte um den Erfolg der Neuen Rechten und das Versagen der „Identitätspolitik“. PROKLA. Zeitschrift für Kritische Sozialwissenschaft 47 (188), 411–420. doi: 10.32387/prokla.v47i188.69

Kemper, Andreas (2014): Klassismus: Theorie-Missverständnisse als Folge fehlender anti-klassistischer Selbstorganisation? Replik zu Christian Baron: Klasse und Klassismus, PROKLA 175. PROKLA. Zeitschrift für Kritische Sozialwissenschaft 44 (176), 425–429. doi: 10.32387/prokla.v44i176.165

van Dyk, Silke/Graefe, Stefanie (2019): Wer ist schuld am Rechtspopulismus? Zur Vereinnahmung der Vereinnahmungsdiagnose: eine Kritik. In: Leviathan 47 (4), 405–427. doi: 10.5771/0340-0425-2019-4-405