Sinnlichkeit und Humor zwischen Heteronormativität und Queerness im Independent-Kurzfilm "Slitch" (US 2003) von Dianne Bellino
DOI:
https://doi.org/10.17169/ogj.2025.334Schlagworte:
Begehren, Film, Geschlechterstereotyp, Heteronormativität, QueerAbstract
Bei dem Kurzfilm "Slitch" von Dianne Bellino handelt es sich um ein Internetfundstück, das zahlreiche mediendidaktische Aspekte aufwirft und eine gendersensible, queerfeministische Dimension aufweist, die sowohl für das Fach Deutsch als auch Philosophie bzw. Ethik von Relevanz ist. Im Zentrum steht eine Teenagerin, die sinnesfreudig ihren Alltag gestaltet. Inhalt und Form des Films gehen dabei mehrfach Wechselwirkungen ein, die in dem Artikel erstens fundiert im Horizont des medien- und filmdidaktischen Fachdiskurses analysiert und eingeordnet werden. Zweitens tritt in der Handlung des Kurzfilms ein Konflikt auf, der das Agieren der Teenagerin diskriminierend beurteilt. Sie wird Opfer von "slut shaming", wird von ihren beiden älteren Schwestern – titelgebend – "slitch" genannt. Dieser Konflikt wird mit Überlegungen aus dem Fachdiskurs zur gendersensiblen Mediendidaktik verbunden, wobei die Reflexionsfrage im Zentrum steht, ob das Verhalten dieser heterosexuellen Akteurin auch als "queer", hier mindestens im Sinne von queerfeministisch, betitelt werden sollte - oder nicht. Antworten auf und didaktische Chancen wie Risiken dieser offene Reflexionsfrage werden erörtert und mediendidaktische wie -ethische Möglichkeiten für die Schulpraxis mit diesem Film vorgestellt. Zugunsten von gezielten Vertiefungen dieses Filmbildungsansatzes wird drittens neben einem Exkurs zur Kurzfilmdidaktik, die sich auf die kleine audiovisuelle Form richtet, ein zweiter Exkurs zum Spannungsfeld aus expliziter sexueller Lust und Schule in den Essay integriert.
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