Gleiche unter Gleichen?

Zur geschlechtlichen Strukturiertheit von Informalität im Arbeitsalltag von Professor:innen

Autor/innen

  • Johannes Fousse Technische Universität Darmstadt
  • Tanja Paulitz Technischen Universität Darmstadt
  • Leonie Wagner HAWK Holzminden

DOI:

https://doi.org/10.17169/ogj.2022.200

Schlagworte:

Arbeit, Geschlecht, Marginalisierung, Wissenschaft

Abstract

Der Beitrag arbeitet auf Basis einer qualitativen empirischen Studie die geschlechtliche Strukturiertheit informeller Bestandteile des Hochschulalltags auf der Professur heraus. Dabei wird gezeigt, wie eine vergeschlechtlichte Wissenschaftskultur an Hochschulen aufrechterhalten wird, innerhalb derer Professoren und Professorinnen unterschiedliche hierarchische Positionen informell zugewiesen werden. Aus der empirischen Untersuchung lässt sich rekonstruieren, dass hierfür Muster einer persönlichen Förderung ausschlaggebend sind. Darin ist eine kulturelle Tradition der Hochschulen als historische Männerdomäne erkennbar, in der „akademische Lehrer“ ihre „Schüler“ in die spezifischen Regeln der Hochschulpolitik einführen. In der Folge haben Professoren erhöhte Chancen, bereits zu Beginn der Professur auch in informelle Machtbereiche an der Hochschule eingebunden zu werden, während Professorinnen erhöhte Anstrengungen unternehmen müssen, um an der Gestaltung des eigenen Arbeitsumfeldes und der Hochschule zu partizipieren.   

Autor/innen-Biografien

Johannes Fousse, Technische Universität Darmstadt

Johannes Fousse (M.A.) ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut Freier Berufe NRW und forscht dort zur Digitalisierung der Arbeitswelt. Zuvor arbeitete er bis 2022 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Kultur- und Wissenssoziologie am Institut für Soziologie der TU Darmstadt, wo seine Forschungsschwerpunkte im Bereich der Hochschul- und Geschlechterforschung lagen.

Tanja Paulitz, Technischen Universität Darmstadt

Prof. Dr. Tanja Paulitz leitet den Arbeitsbereich Kultur- und Wissenssoziologie am Institut für Soziologie der TU Darmstadt. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Frauen- und Geschlechterforschung, Technik-, Wissenschafts- und Hochschulforschung sowie Ingenieurkulturen und die Digitalisierung der Arbeitswelten.

Leonie Wagner, HAWK Holzminden

Prof. Dr. Leonie Wagner hat die Professur für Pädagogik und Soziale Arbeit an der HAWK – Hochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen inne. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Soziale Arbeit und Sozialpädagogik, Frauen- und Geschlechterforschung.

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Veröffentlicht

2022-10-18

Zitationsvorschlag

Fousse, J., Paulitz, T., & Wagner, L. (2022). Gleiche unter Gleichen? Zur geschlechtlichen Strukturiertheit von Informalität im Arbeitsalltag von Professor:innen. Open Gender Journal, 6. https://doi.org/10.17169/ogj.2022.200

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