Gleiche unter Gleichen?
Zur geschlechtlichen Strukturiertheit von Informalität im Arbeitsalltag von Professor:innen
DOI:
https://doi.org/10.17169/ogj.2022.200Schlagworte:
Arbeit, Geschlecht, Marginalisierung, WissenschaftAbstract
Der Beitrag arbeitet auf Basis einer qualitativen empirischen Studie die geschlechtliche Strukturiertheit informeller Bestandteile des Hochschulalltags auf der Professur heraus. Dabei wird gezeigt, wie eine vergeschlechtlichte Wissenschaftskultur an Hochschulen aufrechterhalten wird, innerhalb derer Professoren und Professorinnen unterschiedliche hierarchische Positionen informell zugewiesen werden. Aus der empirischen Untersuchung lässt sich rekonstruieren, dass hierfür Muster einer persönlichen Förderung ausschlaggebend sind. Darin ist eine kulturelle Tradition der Hochschulen als historische Männerdomäne erkennbar, in der „akademische Lehrer“ ihre „Schüler“ in die spezifischen Regeln der Hochschulpolitik einführen. In der Folge haben Professoren erhöhte Chancen, bereits zu Beginn der Professur auch in informelle Machtbereiche an der Hochschule eingebunden zu werden, während Professorinnen erhöhte Anstrengungen unternehmen müssen, um an der Gestaltung des eigenen Arbeitsumfeldes und der Hochschule zu partizipieren.
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